Lindauer Crew ist Weltmeister der 8-mR-Yachten
Trotz Verletzungen und zerfetzten Spinnakern zum Sieg gesegelt
Es war eine großartige Regatta für majestätische Schiffe, mit einem Happy-End für eine Lindauer Crew: Die Rennyachten der „Meter-Klassen” segelten im Rahmen der „Rolex Baltic Week” um die Weltmeistertitel. In der Oldtimer-Wertung der 8-mR-Yachten gewann das Jugend-Team um Hans-Robert Nitsche vom Lindauer Segler-Club. Siegerin der Gesamtwertung wurde die „Hollandia”.
25 Yachten waren in der Klasse der 8-mR-Yachten vor Glücksburg auf der Ostsee am Start. Alte und neue Segelschiffe starten hier zwar gemeinsam, werden nach Altersklasse aber auch separat gewertet. Vier Teams gingen mit echten Oldtimern ins Rennen, drei dieser „Achter” waren vom Bodensee bis an die Ostsee angereist. Mit der 100 Jahre alten „Edit” musste Bootsbauer Wilhelm Wagner aus Bodman aber den vierten Rang akzeptieren, nachdem er bei einer Wettfahrt beinahe seinen Mast verloren hatte, aber am nächsten Tag wieder segeln konnte. Dritter wurde Dr. Andreas Lochbrunner (LSC) mit der „Elfe II”, die nächstes Jahr den 100. Geburtstag feiern kann. Rang zwei ging an den Norweger Bente Bakke Grimseld, der sich mit der 1914 gebauten „Carmen IV” nur einen Punkt vor Lochbrunner Silber sicherte.
Zwei Punkte Vorsprung segelte in neun Wettfahrten die Crew von Nitsche heraus. Zwei Tagessiege und sieben zweite Plätze zeugen von einer konstanten Leistung der Lindauer. Sie waren mit der „Sposa”, ebenfalls Baujahr 1912, von Richard Gervé unterwegs. Seit vier Jahren segeln Gervé und LSC-Jugendwart Nitsche auf diesem Boot. Mit von der Partie waren die Vorschiffsleute Florian Bodenmiller und Benjamin Böhringer, Lea Duwe als Mastfrau, die Genua-Trimmer Lukas Neun und Richard Gervé – die bis auf letzteren alle zur LSC-Jugend gehören. Verstärkt wurde die Crew durch Segelmacher Markus Rösch, der sich um das Großsegel und die Taktik kümmerte.
Nach einem ersten Tag mit leichten Winden wurde es stürmisch auf der Ostsee. Der zweite Tag war „an der Grenze des segelbaren”, erklärte Robby Nitsche. Doch technisch hielt die alte Lady dem starken Wind stand. „Wir haben alle Splinte und Bolzen täglich kontrolliert, damit die Segel nicht daran hängen bleiben und keiner verloren geht”, so Steuermann Nitsche. Einen Tag mussten alle Boote dann wegen stürmischer Bedingungen im Hafen bleiben, ehe es mit immer noch viel Wind in die nächsten Rennen ging. „Zwei Totalschäden bei den Spinnakern”, bilanzierte er über diesen Samstag. Denn nachdem der erste Spinnaker zerfetzt war, hatte Pia Duwe einen Ersatz-Spinnaker mit einem Motorboot auf die Bahn bringen lassen. Die Schwester der Mastfrau auf der „Sposa” war als Vorschoterin auf einem anderen Achter aktiv, der jedoch schon nach einem Mastbruch am zweiten Tag ausgeschieden war. „Den haben wir aber auch noch kaputt gemacht. Aber der Vorsprung hat gereicht, um die letzten beiden Down-Winds ohne Spi zu fahren”, schildert Nitsche den weiteren Verlauf. Am Sonntag muss
ten sie dann nur noch auf die norwegische „Carmen IV” achten. „Die Anspannung war schon sehr hoch”, so Nitsche, aber letztlich kontrollierten sie diesen „gefährlichen” Gegner vom Start bis zum Ziel und hatten so vorzeitig den Sieg gesichert. „Wir waren eigentlich ein Hospitalschiff”, so der Steuermann, der sich vor der Regatta einen Zeh gebrochen hatte, „und Lea war nach der ‚Rund um’ die Treppe runtergestolpert”. Eine Zerrung am Knöchel musste geschient werden. Die Schiene passte aber nicht in den Gummistiefel, so dass mit Klebeband improvisiert wurde. Doch letztlich hinderten solche Wehwehchen die mittlerweile eingespielte Crew nicht daran, den Weltmeistertitel zu holen.
Volker Göbner
Beitrag veröffentlicht in der Lindauer Zeitung am 7. Juli 2011.
Übernahme ins LSC-Web mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Foto: Daniel Forster/Rolex